In
den Brandenburgischen Wäldern lagerten große Truppenteile in
regelmäßig angelegten Waldlagern aus eingegrabenen
traditionellen Blockhäusern.
Wir finden in den Wäldern stellenweise ganze Gruppen von
rechteckigen, heute überwachsenen und z.T. mit Bäumen
bestandenen Gruben, die noch etwa hüfttief sind, und fast immer an
einer Schmalseite eine Zugangsrampe haben. Sie sind meist ganz
„militärisch“ exakt entlang von Waldwegen aufgereiht,
oft in mehreren Reihen, manchmal nur wenige, aber auch bis zu mehreren
Dutzend oder gar Hunderten an einem Ort.
Dabei ist ein möglicherweise zu vermutender Zusammenhang dieser
Eingrabungen mit (älteren und jüngeren)
Truppenübungsplätzen – an denen Brandenburg ja reich
ist – auszuschließen; sie liegen alle außerhalb der
bekannten Orte, und das umgebende Waldgebiet ist in allen Fällen
völlig ungestört und unberührt.
Diese Eingrabungen sind die Reste von halb eingegrabenen
Blockhäusern, im Russischen sog. "semljanka"(Erdhütte, oder
allgemein milit. Unterstand). Diese wurden offenbar nach "nach
Dienstvorschrift" errichtet; in einem militärischen Handbuch von
damals, dem "Sputnik partisana" („Begleiter des
Partisanen“) gibt es eine Konstruktionszeichnung dazu, die den
heutigen Resten gut entspricht. Die Verbreitung dieser
„Waldlager“ ist derzeit fast überall rund um Berlin
nachgewiesen, wobei man davon ausgehen muss, dass sich noch zahlreiche
Stellen unentdeckt im Wald befinden. Hier in den Brandenburger
Wäldern finden sich heute die Spuren und Hinterlassenschaften des
„kleinen Mannes“, die als archäologische Funde von
dieser Zeit erzählen, die von Kampf und Gewalt geprägt war,
von Aneignung und Auslöschung, Überwindung und
Überprägung im Großen wie im Kleinen, im physischen wie
im symbolisch-weltanschaulichen.
Dies illustrieren eindrucksvoll Fundstücke wie
Wehrmachts-Koppelschlösser mit ausgelöschtem Hakenkreuz und
darüber eingeritztem Sowjetstern, und überhaupt die sehr
zahlreichen, aus Blechen ausgesägten, ausgefeilten, ausgestanzten
Sowjetsterne, die wir hier finden – sie stehen für das
offenbar ausgeprägte Bedürfnis der Soldaten, sich zur eigenen
Selbstvergewisserung mit ihrem Symbol des Sieges zu schmücken, und
es auch angeeigneten Gegenständen der Kriegsbeute aufzuprägen.
Im Herbst 2015 wird nun eine Sonderausstellung im Arch. Landesmuseum im
Paulikloster mit dem Titel "Zwischen Krieg und Frieden" - in
Zusammenarbeit mit dem Deutsch-Russischen Museum Berlin-Karlshorst die
Funde präsentieren.
Brandenburg/H. – Im Zuge des Gedenkens „70 Jahre Kriegsende“
in diesem Jahre sind die Funde in den Grubenhäusern besonders aktuell. Wir
kennen – erst seit dem vergangenen Jahr – 40 solche Waldlager. Viele haben auch
schon Funde geliefert. Wir erhalten die Kenntnis davon durch unsere
Ehrenamtlichen Beauftragten, also eigentlich Hobby-Archäologen mit Ausweis, die
in unserem Namen landesweit unterwegs sind, und nach archäologischen Fundplätzen
aller Art suchen, und an unser Amt melden.
Viele dieser Stellen werden auch wohl schon seit Jahren von illegalen Metallsuchern aufgesucht. Viele wurden unsystematisch geplündert und zerstört, be- vor die Landesarchäologie sie als Denkmale eingeordnet und unter Schutz gestellt hat. Auch Zerstörungen durch die Wald-Bewirtschaftung finden bereits statt. Wenn der Forstpflug erst einmal ein solches Lager überfahren hat, ist alles kaputt. Wir haben also keinen Anlass, die Erforschung der Zukunft zu überlassen, dann gibt es vielleicht bald nichts mehr zu erforschen.
Das gilt grundsätzlich für alle archäologischen Bodendenkmale: erst wenn wir eine neue Denkmalkategorie (wie jetzt die Waldlager der Roten Armee) einigermaßen gut kennen, können wir sie begründet unter Schutz stellen, um sie für die Zukunft zu erhalten. Wir haben „von Amts wegen“ an so einer Stelle eine Ausgrabung vorgenommen und werden auch noch ei- nige weitere Stellen dokumentieren.
Von historischer Seite scheint es über diese Lager so gut wie nichts zu geben, und daher haben wir das Deutsch-Russische Museum in Berlin-Karlshorst um Mithilfe gebeten. Es muss ja zum Beispiel nachvollziehbare, belegbare militärische Entscheidungen geben, die Truppen in die Wälder zu legen. Eventuell um die Konfrontationen mit der Zivilbevölkerung in der Stadt zu verhindern? Warum haben die Soldaten die zum Teil nicht ganz wertlose Dinge zurückgelassen? Warum findet man so viel improvisiert hergestellte Ausstattung? Offenbar war die Rote Armee am Ende ihrer Möglichkeiten, was nicht verwunderlich ist.
Das Buch „Iwans Krieg“ von Catherine Merridale (erschienen 2006 im S. Fischer Verlag) informiert ein wenig, allerdings nur allgemein auf der Basis von authentischen Aussagen von Zeitzeugen über die Rahmenbedingungen. Auch im „Deutschland-Tagebuch 1945-1946“ des ehemaligen Rotarmisten Wladimir Gelfand findet sich ein wenig zur Situation und zu den Lebensumständen der einfachen Soldaten zu dieser Zeit (Aufbau Verlag 2008).
Im Herbst wird nun eine Sonderausstellung im Paulikloster mit dem Titel „Zwischen Krieg und Frieden“ – in Zusammenarbeit mit dem Deutsch-Russischen Museum Berlin-Karlshorst die Funde präsentieren.
Archäologisches Landesmuseum Brandenburg "Zwischen Krieg und Frieden - Waldlager der Roten Armee in Brandenburg 1945" Sonderausstellung 22. April – 24. Juli 2016 |
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Archäologisches Landesmuseum Brandenburg "Zwischen Krieg und Frieden - Waldlager der Roten Armee in Brandenburg 1945" Sonderausstellung 22. April – 24. Juli 2016 |