1945 wurde aus dem deutschen Stettin das polnische
Szczecin. Die neue Verwaltung übernahm nach Monaten
der Unsicherheit
über die staatliche Zugehörigkeit eine
stark zerstörte Hafenstadt mit
einem Bruchteil ihrer
ursprünglich 400.000 deutschen Einwohner. Jan
Musekamps Studie untersucht die Folgen, die dieser
historische Bruch für
die Stadt und ihre Bevölkerung
bedeutet hat.
Ausgangspunkte sind die
fast vollständige Vertreibung der verbliebenen Deutschen, die
langwierige Neubesiedlung
mit polnischer Bevölkerung aus den
unterschiedlichsten
Regionen sowie der Wiederaufbau. Dabei fragt
Musekamp nach den Strategien, mit denen sich die
Stettiner die Stadt zu
eigen gemacht haben: Welche
Mythen wurden geschaffen, um den Zugezogenen
das
Gefühl zu vermitteln, in einer urpolnischen
Stadt zu leben? Wie
gestaltete sich die Umkodierung
des Stadtraumes im Bereich der
Denkmallandschaft,
der Straßenbezeichnungen und des angetroffenen
materiellen Kulturerbes? Wann endlich konnte die
Bevölkerung angesichts
der nahen und immer wieder in
Frage gestellten Grenze heimisch werden
und wie gestalteten
sich die Wechselbeziehungen der polnischen zu den
früheren deutschen Bewohnern der Stadt?
Ebenso thematisiert wird die
Suche der Stettiner nach
einer neuen Identität in den 1990er Jahren, als
sie, vom
ideologischen Ballast der vorangegangenen Jahrzehnte
befreit,
daran gehen konnten, selbstbewusst an ihre
Erfolge in der Nachkriegszeit
anzuknüpfen und das
kulturelle Erbe der deutschen Zeit auch als das
eigene
zu begreifen.
Musekamps Untersuchung wurde von der
ZEIT-Stiftung
Ebelin und Gerd Bucerius unterstützt und 2008 mit
einem
Förderpreis des Botschafters der Republik
Polen für herausragende
Dissertationen ausgezeichnet.