Belletristik
REZENSIONEN |
|
Das Kriegsende aus der Sicht eines Soldaten der Roten Armee
|
|
Wladimir
Gelfand |
Ukrainischer
Jude |
Deutschland-Tagebuch 1945-1946
Aufzeichnungen eines Rotarmisten |
|
Aus dem Russischen von Anja Lütter und
Hartmut Schröder
|
|
"Tod um Tod, Blut um Blut. Mir tun diese
Menschenhasser, diese Tiere [gemeint sind die Deutschen] nicht leid."
Der das in sein Tagebuch schreibt, ist der
einundzwanzigjährige, in Nowo-Archangelsk in der Ukraine1
geborene Jude Wladimir Gelfand (1923-1983), der als Rotarmist
am 28. April 1945 in Berlin als einer der russischen2
Sieger einmarschierte. Ironie des Schicksals: Genau ein halbes
Jahrhundert später übersiedeln Gelfands zweite
Ehefrau und sein Sohn Vitaly (geboren 1963) nach Berlin und geben
Gelfands Deutschland-Tagebuch zur
Veröffentlichung frei. Vitaly Gelfand: "(...) ich habe [schon
als Kind - durch die Erzählungen des Vaters] verstanden,
daß die Deutschen im Krieg Feinde waren und dennoch Menschen
- die umgebrachten und die nicht umgebrachten". Als
aufrichtiger Chronist blendet Gelfand auch
Disziplinverstöße in den eigenen Reihen, Racheakte,
Beutenahmen und Verbrechen an Zivilisten nicht aus. Auch über
Kameradschaft und Niedertracht in den eigenen Reihen schreibt der
empfindsame Autor oft. Gelfands freimütige Notizen belegen,
dass die Begegnungen zwischen Deutschen und sowjetischen Soldaten nicht
nur von Hass, Missachtung und Vergewaltigung geprägt waren.
Das authentische, nicht nachbearbeitete Deutschland-Tagebuch
ist ein außerordentlich wichtiges Zeitzeugnis, das leider
nicht immer der Wahrheit entspricht, weil Gelfand auch Vorkommnisse
(unkritisch) wiedergibt, die er nur vom Hörensagen kennt. So
hat zum Beispiel das deutsche "Frauenbataillon", das von einer
benachbarten Einheit angeblich vernichtet und geschändet
worden sei, nie gegeben. |
|
Gisela Reller / www.reller-rezensionen.de
* "Frejlin" war bei
sowjetischen wie amerikanischen und britischen Soldaten ein
verbreiteter Ausdruck für deutsche
Mädchen und junge Frauen. Er wurde zunächst
respektvoll, später auch abschätzig gebraucht.
1 Die (etwa 44,19 Millionen) Ukrainer
leben Ukrainischen Republik; die Hauptstadt ist Kiew. Das Ukrainische
ist eine eigenständige ostslawische Sprache, sie ist
Literatursprache. - Die gläubigen Ukrainer sind orthodoxe
Christen. Ein Teil - vor allem im ehemaligen Ostgalizien bekennt sich
zur griechisch-katholischen (mit Rom unierten) Kirche. 2 Die (etwa 137,4 Millionen) Russen leben in der Russischen Föderation/Russland; die Hauptstadt ist Moskau. Das Russische ist die von den meisten Menschen gesprochene ostslawische Sprache. Ihre ältesten Sprachdenkmäler stammen aus dem 11. Jahrhundert. - Die gläubigen Russen sind orthodoxe Christen.
|
|
Das unterschiedliche
Schreiben von Eigennamen ist den unterschiedlichen Schreibweisen der
Verlage geschuldet. |
|
Im
Krieg kann man sich nicht aussuchen, wer vor oder wer hinter einem geht. |
Autorin
aller Rezensionen
Belletristik/Sachbuch/Reiseliteratur-Bildbände/Kinderbuch-Jugendbuch/Hörbuch: |
Gisela Reller, Parkstr. 36, 13187 Berlin © |